Entwicklungsgeschichte der Rasse ab 1964

 

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Gesch.bis64
 

 

   

Geschichte des Schwarzbunten Niederungsrindes ab 1964

1964 wurden die ersten Holstein-Friesian-Rinder (kurz HF) aus Nordamerika importiert. Daher wird dieser Zeitpunkt als Wendepunkt in der deutschen Schwarzbuntzucht angesehen. Bis sich die Holstein Friesian durchsetzten dauerte es aber noch einige Zeit.

In den sechziger Jahren wurde noch zahlreiche Bullen aus Holland importiert. Dort hatte man noch keine Holstein-Genetik eingesetzt. Auch gab es noch zahlreiche Bullen mit rein deutscher Abstammung. Diese führten häufig das Blut der Kuh "Hildegard" (Bild).

In den siebziger Jahren machte sich dann zunehmend der Druck der Holsteins bemerkbar. Zwar gab es noch eine große Zahl HF-freier Kühe mit hohen Leistungen, diese wurden aber, da sie in Hochzuchtbetrieben standen, mit Holstein-Bullen angepaart. Vor allem Betriebe mit hohem Grünlandanteil, die meist nebenbei noch Weideochsenmast betrieben, setzten weiterhin auf deutsch-holländische Blutlinien. Solche Betriebe waren meistens nicht in Zuchtverbänden organisiert, so dass aus diesen Herden auch keine neuen Bullen für den Besamungseinsatz erstellt werden konnten. Die Besamungsstationen behalfen sich damit, Bullen für diesen Markt aus Holland anzukaufen. Rein deutsch gezogene Bullen wurden immer mehr zur Rarität. Ende der siebziger Jahre bestand das Gros der Zuchtbullen aus Holsteins neben einer Minderheit HF-freier Holländer. Einer der letzten rein deutschen Besamungsbullen war „Lette“.

In dieser Zeit gab es seitens einer Besamungsstation (RPN) Bemühungen ein eigenes Zuchtprogramm für Schwarzbunte Niederungsrinder im Zweinutzungstyp aufzubauen. Versuchsweise wurden dazu auch einige Jungbullen aus Schweden angekauft. Die  schwedische Schwarzbuntzucht basierte auf Importtieren aus Holland und Ostfriesland. Die schwedischen Schwarzbunten hatten aus eigener Kraft ein beachtlich hohes Leistungsniveau erreicht. Dieses Zuchtprogramm wurde aber schon bald mangels Interesses aufgegeben.

"Hildegard" (ca. 1960)                                   Foto:Mohaupt

 

Bis Mitte der achtziger Jahre wurden von den Besamungsstationen die letzten holländischen Testbullen eingesetzt. Mittlerweile wurde auch in Holland in der Zucht auf amerikanische Holsteins gesetzt, so dass diese Quelle für schwarzbunte Niederungsrinder zunehmend versiegte. Ende der achtziger Jahre ließ sich die Zahl der HF-freien Zuchtbullen (alle mit holländische Abstammung) in der Besamung an zwei Händen abzählen. Dies waren „Sienas“, „Etna“ und „Jos“ ins Schleswig-Holstein, „Prinz“ in Verden sowie „Willy“ und „Gast“ in Oldenburg. Neue Jungbullen wurden nicht mehr angekauft.

Da auch die Zahl der weiblichen Tiere auf nur noch ca. 500 Tiere herabgesunken war, erfolgte 1989 die Gründung des „Verein zur Erhaltung des alten Schwarzbunten Niederungsrindes“. Ziel war und ist es, diese Rinderrasse vor dem völligen Verschwinden zu bewahren. Es stellte sich sogar heraus, dass es noch einen reindeutschen Besamungsbullen gab. „Balduin“ stammte aus der Europarekordkuh „Athene“. Sein Vater war „Baldwin“, von dem einige Spermaportionen in einem Stickstoffbehälter jahrelang „vergessen“ worden waren. „Balduin“ war dann über einige Umwege nach Ostfriesland gelangt.

Von zahlreichen weiteren Bullen mit holländischer, deutscher (darunter „Lette“) und schwedischer Abstammung gab es noch Tiefgefriersperma. Durch den Einsatz dieser Bullen auf die verbliebenen Kühe konnte die Zucht wiederbelebt werden.

Mittlerweile sind wieder Besamungsbullen aus verschiedenen Linien im Einsatz. Auch ein weiteres Absinken der Bestandszahlen  der weiblichen Tiere konnte verhindert werden.

Interessanterweise stellte sich nach der Wende 1989 heraus, dass es in der ehemaligen DDR eine staatliche Genreserve für Schwarzbunte Niederungsrinder (dort Deutsches Schwarzbuntrind genannt) gab. Dank einiger engagierter Betriebsleiter wurde diese Genreserve nach der Wende weitergeführt.

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